Größter Stadtteil
Der Stadtteil Unterriexingen liegt rund 12 km von Ludwigsburg entfernt zu beiden Seiten der Glems, die nördlich des Ortes in die Enz mündet. Im Jahr 1973 schloss sich die selbständige Gemeinde mit Markgröningen zusammen.
- Vor- und Frühgeschichte
- Burg und Schloss
- Die Herrschaftsverhältnisse
- Die Kirchen
- Das 19. Jahrhundert
- Die Jahre 1933 bis 1945
- Unterriexingen heute
Vor- und Frühgeschichte
Die Hochflächen um Unterriexingen waren bereits in der Jungsteinzeit (vor rund 5000 Jahren) besiedelt. Die Kelten hinterließen aus dem letzten vorchristlichen Jahrtausend mehrere Grabhügel auf dem "Ruxart" und im "Überrück", den "Katzenbiegel" und das ehemalige "Lindenbückele" sowie den "Bühl" im Bergtal.
Ein merowingerzeitlicher Grabfund mit Beigaben (6. - 7. Jh.) wurde in einer Baugrube in der Weberstr. 12 (100 m südl. der Kirche) gefunden.
Im Jahr 793 erscheint der Name Ruotgisina erstmals in den Güterverzeichnissen des Klosters Lorsch an der Bergstraße, ein Zeichen dafür, dass unter den Karolingern die Christianisierung auch unsere Gegend erreicht hatte. In älteren Namensnennungen wird zwischen Oberriexingen und Unterriexingen nicht unterschieden. So feierten 1993 beide Gemeinden ihre 1200-Jahrfeier. 1342 taucht erstmals „Nidern Ruexingen“ auf.
Burg und Schloss
Der aus dem 14. Jahrhundert stammende Bergfried ist 29 m hoch und birgt noch Reste eines frühen Wohnturms des ausgehenden 12. Jahrhunderts in sich. Die Burg war ursprünglich durch einen Graben geschützt, der jedoch kein Wasser führte. Vermutlich sollte die über der Enz errichtete Burg der Sicherung von Holztransporten dienen.
Nach Umbauten und Erweiterungen zeigt sich das Schloss heute als ein Palais des 18. und frühen 19. Jahrhunderts, das einen mittelalterlichen Kern in sich trägt. Es steht in einem riesigen Park. Das Schloss gehörte einer der beiden adeligen Ortsherrschaften.
Die Wirtschaftsgebäude datieren von 1846. Sie wurden an Stelle einer kleineren Meierei erstellt und präsentieren sich in Form einer eingeschossigen gotisierenden Dreiflügelanlage mit Werksteinfassade.
1972/73 wurde das Schloss-Ensemble von Prinz Alexander von Ratibor und Corvey und seiner Gemahlin Prinzessin Irmela geborene Gräfin Leutrum von Ertingen mit dem Architekten Dr. Walther-Gerd Fleck restauriert.
Die Herrschaftsverhältnisse
Familien, die sich "von Riexingen" nennen, begegnen uns erstmals in den Stifterverzeichnissen der Klöster Hirsau und Reichenbach in der Zeit um 1100. Ihr Besitz war nicht auf Unterriexingen beschränkt. 1396 erwirbt Württemberg erste Besitzanteile in Unterriexingen und teilte sich mit wechselnden adeligen Familien die Ortsherrschaft bis 1806.
Im Laufe der Jahrhunderte konnte Württemberg mehr als drei Viertel des Dorfes an sich bringen. Die Untertanen waren je nach Lage ihres Hauses edelmännische oder württembergische Untertanen. Die Grenze zwischen beiden Herrschaften verlief entlang der Glems.
Von den Einwohnern waren Anfang des 19. Jahrhunderts 570 württembergisch, 176 ritterschaftlich und 76 gemeinschaftlich. Nach der Erhebung Württembergs zum Königreich im Jahr 1806 unterstanden auch die adeligen Herrschaften der Souveranität der neugeschaffenen Krone.
Die beiden Dorfhälften links und rechts der Glems waren früher nur durch das "Kappelbrückle" an der Einmündung der Brückenstraße verbunden.
Die Glemsstraße hörte am Mühlkanal auf. Über die an dieser Stelle aufgestaute Glems führte nur ein schmaler Holzsteg. 1852 wurde an dessen Stelle um 3000 Gulden eine Holzbrücke gebaut, die das Hochwasser 1901 nach einem gewaltigen Wolkenbruch wegriss. Danach entstand die jetzige Steinbrücke.
Die Kirchen
Südwestlich des Ortes steht auf einem Hang die ehemalige Wallfahrts- und Pfarrkirche. Sie ist „Unserer lieben Frau“ geweiht und wird auch Marienkirche genannt. Im 13. Jahrhundert wurde zuerst der Turm errichtet, an den später das Kirchenschiff angebaut wurde.
Die Grabplatte des Friedrich von Riexingen von Ende des 14. Jahrhunderts ist die älteste der zahlreichen, kunsthistorisch wertvollen Grabplatten, die die sich in der Kirche befinden. Die Kirche war ursprünglich mit Wandmalereien geschmückt, die größtenteils Szenen aus dem jüngsten Gericht zeigten.
Beschädigungen während der Franzoseneinfälle 1693 und insbesondere ein Blitzeinschlag im Folgejahr, gaben die Kirche dem Verfall preis. Die Schäden wurden nur notdürftig repariert und die Kirche verfiel zur Ruine. Für Gottesdienste wurde seit Anfang des 17. Jahrhunderts bereits die Dorfkirche genutzt. Diese entstand aus einer kleinen Kapelle, die vergrößert wurde und zur Pfarrkirche aufstieg.
1874 begann Gerhard Graf Leutrum von Ertingen mit einer umfassenden Renovierung der mittlerweile zur Ruine verfallenen Kirche, die er im folgenden Jahr von der Kirchengemeinde erwarb. In den folgenden Jahren ließ er diese als Familiengrablege und Friedhofskirche wiederherstellen. Nach Abschluss der Restaurierung 1890 wurde ein romanisches Kruzifix aus dem 12. Jahrhundert aus Ertingen in die Frauenkirche übertragen.
In den Jahren 1999 bis 2003 wurde die Kirche umfassend restauriert. Für die erneute Restaurierung der Kirche erhielt der Besitzer Karl Magnus Graf Leutrum von Ertingen im Jahr 2003 den Denkmalpreis des Schwäbischen Heimatbundes.
Das 19. Jahrhundert
Im Jahr 1856 zählte Unterriexingen 1071 Einwohner, wovon 1068 evangelisch und nur drei katholisch waren. Im Ort gab es 327 Gebäude, von denen 181 Wohnzwecken dienten und 146 Nebengebäude waren.
Die Bevölkerung lebte von der Landwirtschaft und war sehr arm. Als Taglöhner fanden die Männer auf größeren Höfen in Pulverdingen und Hochdorf Arbeit. Zahlreiche Bewohner wanderten nach Amerika aus, um dort ihr Glück zu suchen.
Auch das Vereinsleben kam allmählich in Schwung. Im Jahr 1862 wurde ein Männerchor, der sich Concordia („Eintracht“) nannte, gegründet. Erster Chorleiter der Concordia war der Lehrer Carl Friedrich Seuff.
Im Jahr 1879 folgte dann auf Beschluss des Gemeinderats die Gründung einer freiwilligen Feuerwehr.
Die Jahre 1933 bis 1945
Im Zuge des "Neckar-Enz-Stellung" wurde 1936/37 an der rechten Hangkante zum Enztal hin eine Kette von Bunkern und Stollen angelegt, deren Überreste heute zum Teil noch zu sehen sind.
Im gegenüberliegenden Hang wurde im Laufe des Krieges ein Stollen gegraben, um dorthin eine Rüstungsfirma aus Mannheim auszulagern. Das Projekt lief unter dem Decknamen "Gallinit". 1944 wurden in Unterriexingen mehrere Barackenlager errichtet: im "Kirschenbäumle" waren hauptsächlich jüdische Häftlinge untergebracht; ferner gab es Baracken "Hinter den Gärten", im "Kreuzgarten" und im "Eichrain".
Die Menschen kamen vorwiegend vom KZ Natzweiler (Vogesen) über die KZ-Außenstelle Wiesengrund bei Vaihingen/Enz nach Unterriexingen und wurden beim Flugplatzbau in Großsachsenheim, im Steinbruch und im Stollen eingesetzt.
Durch Schwerstarbeit und eine völlig unzureichende Ernährung wurden 363 Häftlinge hier ermordet. Anfangs wurden die Leichen nach Vaihingen/Enz transportiert, danach in Unterriexingen beerdigt. An diese Zeit soll der 1947 eingerichtete KZ-Friedhof mit der 1962 aufgestellten Kalkstein-Stele erinnern. Der Friedhof wurde 2007 neu gestaltet.
Unterriexingen heute
Der Stadtteil hat ca. 2400 Einwohner und ist ein modernes und lebendiges Gemeinwesen mit einer guten Grundausstattung öffentlicher Einrichtungen: eine Verwaltungsstelle der Stadt Markgröningen, Kirchengemeinden, zwei Kindergärten, eine Grundschule, eine Zweigstelle der Stadtbücherei und ein Jugendtreff gehören hier – neben der Feuerwehr und einer Arztpraxis - erwähnt.
Ein starkes Engagement der Vereine prägt das Leben am Ort. Von der Kuckuckskirbe Anfang Mai über die Musikantenlaube auf dem Kelterplatz im Juni bis hin zum Tag des offenen Denkmals im September bei der Frauenkirche, all diese Feste leben von den Vereinen.
Geschichtsinteressierte Wanderfreunde können über 5,4 km dem ausgeschilderten „Rundweg Unterriexingen“ folgen und die Geschichte des Ortes sowie seine malerische Gemarkung kennen lernen. Der Glemsmühlen-Radweg und der Enztal-Radweg führen über die Markung.
Literatur
- Goldschmidt, Harald & Weber, Wolfgang:
Die ev. Pfarrkirche zu Unterriexingen Markgröningen-Unterriexingen 1993 - Graf Leutrum, Gerhard:
Die Gräflich-Leutrumsche Frauenkirche zu Unter-Riexingen, Stuttgart 1891 - Hess, Hans-Burkhard:
Unterriexingen - Ein historisches Kaleidoskop Markgröningen 1993 - Reyscher, August Ludwig:
Erinnerungen aus alter und neuer Zeit (1802-1880), Auszug abgedruckt in: ‘Durch die Stadtbrille', Band 2, 1986 - Schad, Petra:
Die Frauenkirche in Unterriexingen in: Ludwigsburger Geschichtsblätter, Band 59/2005, S. 17ff.